Mein "Warum" für diesen Blog

Die richtige Balance zwischen Fürsorge und Selbstfürsorge

In Deutschland sind, laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPP), rund 17,8 Millionen Menschen von einer psychischen Erkrankung betroffen. Das ist fast jeder 4. Mensch.

Angststörungen sind die häufigsten psychischen Erkrankungen, gefolgt von affektiven Störungen, zu denen auch Depressionen zählen (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, 2023).

Die Auswirkungen psychischer Erkrankungen sind enorm. Oftmals beinhaltet die Erkrankung den Verlust der Arbeitsfähigkeit, die Fähigkeit, sich selbst zu versorgen oder das Führen von tragfähigen Beziehungen.

Angehörige sind in der Regel das unmittelbare Umfeld und es lässt sich leicht ausrechnen, dass der engste Familienkreis bzw. der engste Kreis an Unterstützern, die Zahl der Betroffenen in eine gigantische Millionenhöhe hochschnellen lässt. 

Es geht um so viele Menschen, die täglich darum kämpfen, ihre Gesundheit zu erhalten  bzw. sie wieder zu erlangen.

 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit folgendermaßen: "Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen."

 

Mit dieser Definition von Gesundheit wird deutlich, dass es um weit mehr geht, als um eine Diagnose, die es zu bekämpfen gilt.

Es geht um ein Verständnis von Gesundheit, welches wir uns täglich ins Bewusstsein rufen dürfen.

Das dies im "Sturm der Gefühle" nicht immer einfach ist, weiß ich nur zu gut, denn seit 10 Jahren begleite ich meinen psychisch erkrankten Sohn.

Kaum merkbar zu Beginn, hat sich die Krankheit über die Jahre derart in den Vordergrund gespielt, dass das "normale" Leben komplett aus den Fugen geraten ist.

Es gibt eine neue Realität. Eine Realität, die den Raum für Glücksempfindungen sehr klein hält. Existenzielle Herausforderungen und emotionale Belastungen bestimmen den Alltag.

Unter diesen Umständen für sein eigenes Wohlergehen zu sorgen, geht das überhaupt?

 

Ich habe mich sehr schwer getan zu verstehen, dass das eigene Wohlergehen, trotz aller Umstände, ein Garant dafür ist, dass ich meinem Sohn als Unterstützung zur Verfügung stehen kann.

Selber an den Lebensumständen zu erkranken oder daran zu zerbrechen, hilft Niemandem.

Der Preis kann sehr hoch sein, wenn das Bewusstsein für die eigene Gesundheit übergangen wird.

Das zu verstehen und anzunehmen war definitiv mein erster Entwicklungsschritt, nachdem ich den Schockzustand verlassen habe, den die Diagnose mit sich brachte.

"Entwicklungsschritt" ist letztlich auch nicht das passende Wort. 

Letztlich war und ist es bis zum heutigen Tag ein Prozess. Ein Prozess mit Höhen und Tiefen, mit Rückschritten, mit Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und Aufgabe.

Sich immer wieder neu auf den Weg zu machen, nach vorne zu schauen, nicht aufzugeben, kostet Kraft und ist gleichzeitig für mich, die einzige Möglichkeit.

 

„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum.

In diesem Raum liegt die Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“

Steven Covey

Im Sturm der Gefühle

Erschöpfung, Schuldgefühle, Schlafstörungen und Energieverlust sind oftmals Begleiterscheinungen, wenn man seinen psychisch erkrankten Angehörigen intensiv begleitet. 

Gleichzeitig gelten diese Anzeichen auch als Symptome für eine depressive Störung. 

Dies soll beispielhaft aufzeigen, wie schmal der Grad zwischen der Erkrankung eines Angehörigen und der eigenen Belastungsgrenze sein kann.

So gilt es immer wieder die Balance zu finden, zwischen der Fürsorge für seinen Angehörigen, gemeint sind hier die oft täglichen Bemühungen und Hilfestellungen sowie die Unterstützung in Notsituationen und der eigenen Selbstfürsorge, dem eigenen Wohlergehen und dem eigenen Lebensglück.

Aufopferung um jeden Preis hinterlässt seine Spuren.

Die eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken, ständig an die Belastungsgrenze zu gehen oder auch darüber hinaus, gefährdet die eigene Gesundheit.

 

So gelten die Parameter einer guten Grundhaltung im Umgang mit psychisch erkrankten Familienmitgliedern:

  • Zuwendung
  • Verständnis für die Situation,
  • Gespräche und Geduld
  • Unterstützungsangebote

uneingeschränkt auch für die Angehörigen.

 

"Grenzen sind nicht da um abzugrenzen, sondern um anzugrenzen."

Monika Kühn Görg

 

Die stärkste Ressource - Das persönliche Umfeld!

Das private Netzwerk, Familie und Freunde, stellt die stärkste Ressource für Unterstützung und Heilung dar.

Diese Bindungen gehen weit über das organisierte Hilfesystem hinaus. Sie fangen auf und vermitteln Vertrauen in eine Zukunft, die oft ohne Sinn erscheint.

Dies gilt für psychisch erkrankte Menschen und Angehörige gleichermaßen. 

Zu wissen, dass man nicht alleine ist, dass man über seine Gefühle sprechen kann, dass man Verständnis für die eigene Situation erfährt, kann sehr heilsam sein.

Es hilft die eigenen, oft sehr dunklen emotionalen Muster zu verlassen und auch wieder leichte Momente im Leben zu spüren.

Ja, auch Freude am Leben.

Es hilft keinem Betroffenen, wenn sich die unterstützenden Angehörigen traurig in ihrer Wohnung verschließen.

 

Einsamkeit ist der Faktor, der dazu beiträgt, früh zu versterben.

 

Es gilt das Leben anzunehmen, so wie es gerade ist und damit weitergehen. Ja, die Umsetzung ist nicht einfach..... aber möglich.

Der Blick in die Vergangenheit, die oft so anders mit dem erkrankten Angehörigen war, hilft nur bedingt. Der Blick zurück hilft manchmal, um zu verstehen.

Mit dem Blick nach vorne in eine Zukunft kann ich jedoch selbstwirksam sein. Ich eröffne mir einen Handlungsspielraum, den ich beeinflussen kann.

 

Dieser Blick nach vorne hat mich dazu bewegt, mich mit dem Thema "Resilienz" intensiv zu beschäftigen.

Erst einmal für mich ganz persönlich, damit ich in eine bessere Verarbeitung kommen konnte und über die Zeit auch, um anderen Angehörigen in Trainings und Beratung eine Unterstützung bieten zu können.

Durch gezielte Ausbildungen hat sich so mein Repertoire an Möglichkeiten erweitert und dafür bin ich dankbar.

 

Dieser Blog bietet mir die Möglichkeit, mich immer wieder intensiv mit unterschiedlichen Aspekten auseinanderzusetzen, die auf die Angehörigen psychisch erkrankter Familienmitglieder einwirken können.

Wenn ich mit diesem Blog auch anderen Menschen Impulse geben kann, freue ich mich um so mehr.

Für einen persönlichen Austausch stehe ich ebenfalls gerne zur Verfügung.

 

 

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