Wenn du im Kindertanz schon einige Zeit mit 3-4jährigen Kindern arbeitest, dann hast du innerhalb deiner Arbeit schon einen guten Eindruck von dem Entwicklungsstand der Kinder bekommen und es fällt dir dann auch nicht mehr schwer, mit den 5-6jährigen Kindern zu arbeiten.
Der Altersunterschied wirkt sich sichtbar aus, denn es hat nicht nur eine weitere körperliche, sondern auch geistige Entwicklung stattgefunden.
Manchmal kommen die Kinder aber erst im Alter von 5 oder 6 Jahren zu dir und so lohnt sich ein Blick auf einige Aspekte der Entwicklung.
Durch die Beziehungen zu Erwachsenen finden bei den Kindern Lernprozesse statt. Dies geschieht durch genaue Beobachtung und Wahrnehmung der erwachsenen Person. Der Erwachsene fungiert als Vorbild und Kinder beobachten das Verhalten sehr genau.
Sie lernen am Modell.

Im Tanzunterricht übernimmt der Trainer oder die Trainerin diese Rolle.
Besonders kleine Kinder haben gute „Antennen“ und spüren, ob du authentisch bist.
Authentisch zu sein bedeutet aufrichtig zu sein und dieses Verhalten gibt den Kindern Sicherheit. Sie können dich einschätzen und ihr eigenes Verhalten danach ausrichten.
Woran erkennt man eine authentische Person?
Eine authentische Person gibt sich, wie sie wirklich ist.
· Sie sagt das, was sie denkt und fühlt
· Sie spielt keine Rolle und wirkt nicht gekünstelt
· Sie baut keine Fassade auf
· Sie verhält sich in origineller und vielfältiger Weise
· Sie ist ehrlich und aufrichtig
· Sie gibt Fehler zu
· Sie drückt ihre Gefühle aus
Wenn du dich im Unterricht authentisch verhältst, dann bekommst du einen sehr guten Zugang zu den Kindern. Das ist deshalb so wichtig, weil du am Ende ja auch ein, möglicherweise langjähriger, Wegbegleiter und für viele ein Vorbild bist.
Während die 3-4jährigen Kinder stark auf deine Person fixiert sind, verändert sich dieses Verhalten allmählich bei den 5-6jährigen Kindern.
Mit 5 bis 6 Jahren zeigen die Kinder schon sehr deutlich ihren inneren Willen, ihre innere Überzeugung. Für dich als Trainer ist wichtig zu wissen, dass die Entwicklung des Willens in diesem Alter auch im Wesentlichen abgeschlossen ist. Das Zeigen der eigenen Willensstärke kann sich in ganz unterschiedlichen Situationen ausdrücken.
Ein kleines Beispiel aus der Umkleide: Meist kommen die 3-4jährigen Kinder zu dir, damit du ihnen beim Anziehen hilfst, während die 5-6jährigen Kinder diese Hilfe sehr oft ablehnen. Sie wollen sich alleine anziehen, alleine die Schuhe binden, alleine die Trinkflasche öffnen usw. Du als Trainer bist erst dann wichtig, wenn die Kinder es wirklich nicht alleine schaffen.
Bewegung macht Spaß!
Da Kinder ihrem natürlichen Bewegungsdrang in der Regel auf unterschiedliche Art und Weise nachkommen, fühlen sich die älteren Kinder in ihren Bewegungsformen viel sicherer und dementsprechend sind sie auch mutiger und bewältigen mehr Schrittmaterial und längere Schrittfolgen.
Zudem sind sie in der Lage Instruktionen richtig zu befolgen. Wenn die Kinder zum Beispiel auf Anweisung viermal hochspringen sollen, dann schaffen sie dies auch. Meist bewältigen die 3-4jährigen Kindern diese Aufgabenstellung noch nicht oder es fällt ihnen sehr schwer. Sie springen mehrmals hoch aber eben nicht genau viermal, wenn dies eingefordert wird.
Der kindliche Bewegungsdrang als Motivator
Durch die Sicherheit, die die älteren Kinder im Umgang mit der Bewegung und ihrem Körper haben, probieren sie auch viel mehr Bewegungsvarianten aus.
Elementare Bewegungen meistern sie ohne große Probleme.
· Sie hüpfen auf einem Bein
· Sie marschieren – sie ziehen die Beine hoch/ Treppensteigen
· Sie Rennen und Springen
· Sie Balancieren und können auf einer geraden Linie gehen usw.
Die Aufgabe des Trainers und der Trainerin ist es jetzt, diese Bewegungsfreude und das Bewegungswissen zu bündeln und in kleine Bewegungseinheiten aufzuteilen.
Das ist manchmal, besonders wenn man am Anfang des Unterrichtens steht, gar nicht so einfach. Schließlich wird durch das gezielte Leiten, der natürliche Bewegungsdrang - einfach drauflos zu toben, zu rennen, zu springen - abgebremst und in eine bestimmte Form gebracht.
Hier wird es sehr stark darauf ankommen, welche Zielsetzung der Trainer, die Trainerin im Unterricht verfolgt. Auf jeden Fall ist es sehr zu empfehlen, Inhalte zu entwickeln, die dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder noch genügend Raum geben.
Wird das Bedürfnis nach Bewegung möglicherweise nicht genügend berücksichtigt und nicht genügend befriedigt, kann es bei den Kindern in letzter Konsequenz Enttäuschung und Frustration erzeugen. Dann entsteht manchmal der Fragesatz: “Wann ist die Stunde zu Ende?“
Das möchte niemand gerne hören!
Kleine Kinder besitzen keine große Frustrationstoleranz und so können derartige Fragen entstehen.
Allerdings gehört ein Umgang mit Frustration zum kindlichen Lernen dazu und kann nie ganz vermieden werden. Auch nicht im Tanzunterricht.
Die Aufgabe des Trainers und der Trainerin ist es, ein gutes Gleichgewicht an Aufgabenstellungen zu finden, damit die Kinder gar nicht erst an diese Frustrationsgrenzen geraten.
Dies setzt auch ein gutes Gespür für Situationen voraus. Der Trainer, die Trainerin müssen wissen, was ihre Bewegungsaufgaben erzeugen können.
Je strukturierter die Aufgabenstellung ist, je mehr Denkprozesse gefordert sind, desto schwerer fällt den Kindern die Umsetzung. Desto schneller geben sie auch auf.
Manche Kinder reagieren auf Frustration mir Aggression. Tritt diese Reaktion im Unterricht auf, sollte von Seitens des Trainers und der Trainerin sofort reagiert werden.
Es geht im Unterricht um ein rücksichtsvolles Miteinander und diese Regel sollte jedes Kind möglichst schnell verstehen.
Hoffnung auf Erfolg oder Angst vor Misserfolg
Der Bewegungsdrang ist nicht der alleinige Motivator für das Kind.
Etwas zu können oder etwas zu bewältigen, ist auch bei Kindern schon ein großer Motivator. Der Begriff, der dafür benutzt wird, ist das Leistungsmotiv und auch bei Kindern kann man eben dieses Leistungsmotiv schon nachweisen. Hier ist es besonders wichtig, die Hoffnung auf Erfolg Strategie zu wählen. Methodisch also die positive Entwicklung des Kindes zu unterstreichen.
Ganz im Sinne von: Der Weg ist das Ziel!
Hierbei lassen sich auch schon die unterschiedlichsten Persönlichkeitstypen erkennen.
Bei manchen Kindern zeigen sich Hilflosigkeitsreaktionen wie das Weinen, wenn sie etwas nicht gemeistert haben. Andere Kinder sehen ein Scheitern als Herausforderung an und probieren solange weiter, bis die Bewegungsaufgabe klappt.
Das Leistungsmotiv ist also, wie diese beiden Beispiele zeigen, unterschiedlich ausgeprägt. Je nach Blickwinkel des Kindes auf sich selbst.
Voll ausgeprägt ist das Leistungsmotiv allerdings erst in der Schulzeit. Dies geschieht durch das permanente Vergleichen mit anderen Schülerinnen und Schülern und durch die Leistungsrückmeldung der Lehrer.
Auch der Trainer, die Trainerin kann in positiver, wie auch in negativer Hinsicht das Selbstbild des Schülers, der Schülerin beeinflussen. Grundsätzlich sollte
Leistung nie mit der Persönlichkeit verknüpft werden.
Nicht: „Du hast diesen Sprung geschafft, weil du talentiert bist!"
Das würde bedeuten, dass der Erfolg mit einem Persönlichkeitsmerkmal verknüpft wird.
Was passiert aber dann, wenn dem Kind mal etwas nicht gelingt? Ist es dann nicht mehr talentiert? Hier können dann gefährliche Verknüpfungen entstehen.
Besser:
„Du hast diesen Sprung geschafft, weil du ihn oft geübt hast!"
Wenn das Kind dann etwas nicht meistert, kann es sich auf die Übungsintensität beziehen und nicht auf ein Persönlichkeitsmerkmal.
Das magische Denken
Magisches Denken ist tief in der Geschichte der Menschheit verwurzelt. Was wir uns nicht logisch, nicht naturwissenschaftlich erklären können, wird oft in die Welt der Magie eingeordnet. Und wenn ein Kind hingefallen ist und es in den Arm genommen wird, reichen einfache Heilsprüche: Heile, heile Segen, drei Tage Regen, drei Tage Wind, gesund ist das Kind.“, um die Tränen zu trocknen. Bis zum Alter von 6 Jahren glauben Kinder an magische Gestalten auch wenn dieses Weltbild allmählich ins Wanken gerät. Letztlich bauen die Kinder in dieser Altersstufe ja immer mehr Erfahrungswissen auf.
Auf jeden Fall solltest du in deinem Tanzunterricht diese Form des Denkens aufgreifen. Durch Improvisationsgeschichten kannst du mit den Kindern immer wieder auf eine magische Reise gehen und das lieben die Kinder. Achte aber darauf, dass es eine positive Traumwelt ist, denn Kinder in dieser Altersstufe verbinden Dinge der Außenwelt immer noch mit Emotionen. Zum Beispiel: Ein Haus ist lieb oder böse!
Das Gesetz der Schwerkraft
Im Vorschulalter wissen die Kinder in Ansätzen schon etwas über Zeit, Geschwindigkeit, Kraft und Schwerkraft.
Daher kannst du diese Ansätze schon wunderbar mit Bewegungselementen verknüpfen.
Zum Beispiel in der Arbeit mit Gegensätzen: Langsam versus schnell; Leicht versus Schwer!
Anhand dieser Beispiele siehst du, wie vielfältig der Tanzunterricht für die 5-6jährigen Kinder aufgebaut werden kann. Nutze das Wissen und kreiere einen abwechslungsreichen Unterricht.
Durch vielfältige Unterrichtsinhalte hast du die Möglichkeit, alle Kinder zu erreichen.
Denn die verschiedenen Persönlichkeitstypen brauchen auch eine unterschiedliche Ansprache.
Bist du zu einseitig, gehen dir einige Kinder auf dem Weg verloren und das wäre dann sehr schade.
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