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Kindertanz in Zeiten von Online Training

Zur Wertigkeit von Online Unterricht

Nach Gesprächen mit Kollegen und Kolleginnen wurde eines wieder sehr deutlich.

Die Wertschätzung für unsere Arbeit als Tanztrainer/Innen, ist ein zentraler Punkt, mit dem wir immer noch zu kämpfen haben.

Tief verankert sind die Glaubenssätze, „Tanzen kann doch jeder – ist das ein Beruf?“ oder bei der Berufswahl zum Tänzer/In zum Tanztrainer/In hört man immer noch den Satz: „Lern doch erst etwas Ordentliches!“

Aus der aktuellen Situation heraus, entsprechen Teile dieser Vorurteile tatsächlich der Realität.

Tanztrainer/Innen, Tänzer/Innen, Tanzschulinhaber/Innen befinden sich seit fast einem Jahr in einem Existenzkampf. 

Wir bekommen nicht die Anerkennung für unseren Beruf, wir werden als Freizeitbeschäftigung, auf die man auch mal eine Zeit lang verzichten kann, zur Seite geschoben. 

Wenn wir also schon in der Offline Welt noch immer diesen Kampf um Anerkennung kämpfen, wie schwer ist dieser dann erst in der Online Welt?

 

Die Brücke vom Offline zum Online Training

Seit Monaten erleben wir, dass ein Online Training KEIN Ersatz für ein Offline Training ist.

Aber stimmt das wirklich?

Tanztrainer/Innen müssen meiner Meinung nach, eine klare Position beziehen und mit diesem Vorurteil aufräumen.

Es kann doch nicht sein, dass die Unterrichtsvorbereitung für einen Online Unterricht ein Vielfaches mehr an Zeit einfordert, die man akzeptiert und vor allem absolviert und sich dann gleichzeitig abgewertet fühlt in seinem Tun, weil es ja NUR Online ist. Mal abgesehen von den Investitionen, die getätigt wurden, um eine Online Trainingssaal einzurichten.

Da widerspricht sich etwas ganz gewaltig und fördert auch nicht die Motivation für diesen Beruf.

 

Lerneffekte werden auch Online erreicht

Eines ist doch unbestreitbar. Wir arbeiten mit den Kindern auch online. Wir vermitteln Unterrichtsinhalte und arbeiten zielgerichtet auf ein Ergebnis hin.

Wir liefern messbare Ergebnisse in Form von Schrittelementen, Variationen und Tänzen, die wir online einstudieren. Wir geben Korrekturen und kommunizieren mit unseren Schülerinnen und Schülern.

Natürlich bewegen wir uns in einem virtuellen Raum und natürlich können einige Aspekte aus dem Offline Unterricht nicht angewendet werden, wie Partnerarbeit, Gruppentänze und das Erleben von Raumformationen. 

Es ist aber kein Grund, die gesamte Stunde deswegen in Frage zu stellen oder eben abzuwerten.

Diese Stärke, dieses Selbstbewusstsein, wünsche ich mir von allen Tanztrainer/Innen, dass sie sich hinstellen und aufzeigen, was im Gegenzug geleistet wird.

 

Online Unterricht ist keine Neuheit

Online Tanzangebote sind nicht im Jahr 2020 erfunden worden, die gab es auch schon vorher und das in vielen Fällen sehr erfolgreich.

 

Dennoch sind all diese Angebote meistens Zusatzangebote zum bestehenden, normalen Tanzbetrieb und nicht das ausschließliche Geschäftsmodell. 

Das hat natürlich auch seine Gründe.

Online Angebote zielen auf die Eigeninitiative der Tanzschüler/Innen ab. Es muss eine wirkliche Motivation vorliegen, wenn man die Angebote wahrnehmen möchte. 

 

Die Faktoren können in unterschiedliche Richtungen gehen. 

 

·      Große Auswahl an unterschiedlichen Tanzstilen 

·      Unabhängigkeit von Zeit und Ort 

·      Inspirationen verschiedenster Tanztrainer/innen

·      Weiterbildung mit Verzicht auf Anfahrtskosten bzw. Übernachtung

 

Vorwiegend Erwachsene greifen auf dieses Angebot zurück und ich bin mir sicher, dass nur die Allerwenigsten ausschließlich Online Angebote konsumieren. Die persönliche Korrektur des Tanztrainers oder der Trainerin ist einfach zu wertvoll und letztlich eine wichtige Stellschraube, um eigene Ziele zu erreichen. 

Dennoch, auch der Online Unterricht bietet eine akzeptable Interaktion. Korrekturen können relativ gut umgesetzt werden. 

 

Die Unterstützung der Eltern ist ein Schlüsselelement

Wenn ich Online Unterricht mit Kindern durchführe, dann müssen die Eltern der Schüler/Innen das gesamte Konzept unterstützen. Sie müssen sich mit der notwendigen Technik auseinandersetzen und bereit sein, die Zeit mit ihren Kindern vor dem Computer, Fernseher und Co. zu verbringen.

Je jünger die Kinder sind, desto mehr Zeitaufwand bedeutet dies für die Eltern.

In Zeiten von „homeschooling“ kommt noch die Komponente hinzu, dass die Kinder einen großen Teil des Vormittags vor dem PC/Laptop usw. verbringen. 

Es ist also absolut nachvollziehbar, wenn dann für den Online Unterricht die Bereitschaft fehlt.

Das bedeutet aber nicht, dass die Akzeptanz für den Online Unterricht nicht vorhanden wäre!

Es bedeutet erst einmal nur, dass eine Priorität gesetzt wurde, die mit der Qualität des Tanztrainers und der Tanztrainerin nichts zu tun hat.

 

Was Kinder brauchen

Kinder brauchen die Interaktion mit anderen Kindern. Das macht sie glücklich. Sie fühlen sich dann als Teil von einem großen Ganzen.

Kinder wollen miteinander Lachen, wollen miteinander sprechen, tuscheln und Freundschaften schließen. Kinder wollen dem Trainer, der Trainerin stolz die gelernten Schritte präsentieren. 

Kinder brauchen seelische Streicheleinheiten und dafür Nähe und Zuwendung.

Kinder sind glücklich, wenn sie in ihre ganz eigene Welt eintauchen können.

Auch beim Tanzen lässt sich dieser Zustand gut beobachten. 

Die Musik geht an, die Kinder beginnen ihren Körper durch den Raum zu bewegen und dies auf die unterschiedlichste Art und Weise. Beobachtet man die Gesichter der Kinder, dann sieht man dieses natürliche Strahlen und weiß, die Kinder gehen in ihrem Tun vollkommen auf. Sie vergessen Zeit und Raum.

Es entsteht eine ganz eigene, sehr intensive Atmosphäre. 

Wie stark die Kinder mitgenommen werden können, wie intensiv sie sich trauen ihre Gefühle in Bewegung umzusetzen, hängt auch vom Trainer, von der Trainerin ab. Gutes Anleiten will gelernt sein.

Wir Trainer/Innen sind die Vorbilder, an denen sich die Kinder orientieren. Wir stellen ein abwechslungsreiches Bewegungsrepertoire vor und lassen die Kinder sich Ausprobieren und Lernen.

Dieses Wechselspiel von Darstellen und Ausprobieren, Verwerfen und Aufnehmen, entsteht ganz natürlich im Tanzsaal. Das Wesentliche dabei ist, dass es ein geschützter Raum ist, bei dem es ausschließlich um Bewegung geht.

 

Diese Abläufe und Bedürfnisse können im Online Unterricht nur bedingt befriedigt werden. Der Raum ist nicht mehr privat, denn oft sind die Eltern oder die Geschwister mit im Raum. Wer bewegt sich schon gerne ungezwungen und experimentell, wenn er unter Beobachtung steht. 

Hinzu kommt das Problem der Aufmerksamkeitsspanne. Diese ist bei Kindern grundsätzlich sehr niedrig. Sie liegt im Durchschnitt bei 15 Minuten. 

Im Tanzsaal kann ich diesen Aspekt gut kontrollieren und steuern, denn die Kinder sind in meiner Nähe. Im Online Unterricht sehe ich mich da größeren Herausforderungen gegenüber. 

 

Wie kann Online Unterricht mit Kindern gelingen?

Der Schlüssel für einen guten und gelungenen Unterricht ist in erster Linie der Trainer, die Trainerin.

Die Einstellung zum Online Unterricht und das Unterrichtskonzept sind die wichtigsten Stellschrauben. 

Entscheidend ist dabei die Frage, welche Ziele im Online Unterricht erreicht werden sollen und können.

Nur wenn der Trainer, die Trainerin weiß, wohin er/sie kommen möchte, können sich auch alle gemeinsam auf den Weg machen.

 

Folgende Fragestellungen können helfen, Antworten zu finden:

 

·      Warum will ich Online Unterricht anbieten? Ist es das Richtige für mich oder gibt es andere Wege, die besser passen?

·      Was genau möchte und kann ich Online vermitteln? Was genau sollen meine Schülerinnen und Schüler in diesem Unterricht lernen?

·      Wie gestalte ich den Unterrichtsablauf, damit alle zufrieden aus der Stunde herausgehen?

·      Wozu kann mein Online Unterricht noch nützlich sein? 

 

Ohne Zielsetzungen funktioniert kein Unterricht

Es gibt unterschiedliche Designs und Strukturen für die Unterrichtsplanung und als Trainer und Trainerin muss man sich immer die Frage stellen, wie breit und wie tief soll der Unterricht aufgebaut sein.

 

Ein Beispiel:

Mein Ziel im nächsten Unterricht ist die Einstudierung von einem Tanz.

Das ist die Breite. Ich möchte von A nach B kommen.

Um Schritte zu gestalten und den Schwierigkeitsgrad festzulegen, muss ich in die Tiefe gehen. 

 

Merke:

Im Online Unterricht kannst du nicht so stark in die Tiefe gehen, wie im Offline Unterricht!

 

Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang und den möchten sie auch ausleben. Einfache Tanzkombinationen und Tänze sind daher Unterrichtsinhalte, die wirklich funktionieren. Immer angepasst an die kleine Fläche, die uns in der Regel Online zur Verfügung steht.

 

Wenn du dir Ziele setzt, sollten diese vor allem konkret und realistisch sein. Um ein Erfolgserlebnis zu erzielen, achte darauf, dass die Zielerreichung nicht zu weit in der Zukunft liegt.

Wenn du also einen Tanz einstudieren möchtest, dann sollte er so einfach sein, dass er zwar eine Herausforderung bietet aber mit 2-3 Unterrichtseinheiten auch gelernt werden kann.

 

Die Interaktion mit unseren Schülerinnen und Schülern, das persönliche Miteinander, das Lachen, das Weinen, das Kämpfen für eine Sache, ein Ziel, einen Traum, ist ein Erlebnis, dessen Intensität nur Offline wirklich zu spüren ist. 

Aber, um diesen Faden nicht zu verlieren, ist das Online Training eine wertvolle Alternative.

  

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Kommentare: 5
  • #1

    Ulrike Becker-Kanonenberg (Mittwoch, 20 Januar 2021 12:26)

    Je länger ich online unterrichte ,je mehr finde ich auch wieder einen Flow uns es macht auch mir wieder mehr Spaß
    Ich denke es ist wichtig ! Freude auch zu übertragen

  • #2

    Silke Hester (Donnerstag, 21 Januar 2021 13:40)

    JA! Es gibt gute online-Tage, wo alles rund läuft und eben Tage, wo einiges schief geht... und das zehrt an den Nerven, ABER ich sehe jeden Tag meine Schüler/innen und kann mit ihnen reden, lachen, Grimassen schneiden und vor allem TANZEN! Ich merke, dass ich mich an das Modul "online" gewöhne und wieder mehr Ideen sprudeln, aber wenn die Technik bei einer kleinen Maus streikt, die alleine vor dem Rechner steht und ich ihr nicht helfen kann, dann macht mich das traurig. Aber online ist besser als gar nichts, das sehe ich auch so und einige Kinder überraschen einen, wie gut sie lernen und wie toll sie bei der Sache sind.

  • #3

    Sylke (Donnerstag, 21 Januar 2021 13:57)

    Ich kann dem, was ihr schreibt auch definitiv zustimmen. Ich habe mich sehr bewusst auf das Online Unterrichten umgestellt und behandelt es von meiner Seite, wie meinen qualitativen Unterricht, den ich auch offline gebe. Erst gestern habe ich mit einer Gruppe 10jähriger Mädchen die Erfahrung gemacht, dass es sich fast wie live anfühlte. So toll haben alle mitgearbeitet. Und gestrahlt haben sie auch, als ich sie für ihre schöne Arbeitseinstellung gelobt habe.

  • #4

    Miguela (Donnerstag, 28 Januar 2021 15:24)

    Online Unterricht kann auch eine Menge Spass machen!
    Ich habe lange gebraucht mich im virtuellen Raum wohl zu fühlen, mit der Zeit hat es aber zum Glück geklappt. Ich kann nur sagen, Online erreiche ich mittlerweile meine Ziele problemlos und meine Terilnehmerinnen haben eine Menge Spass. Dafür musste ich mich aber lange mit den Format ausseinandersetzen und an der Struktur der Stunde hier und da schrauben. Ich bekomme viel positives Feedback von den Eltern und die Kinder strahlen nach jeder Stunde.
    Das habe ich auch Sylke zu verdanken!

  • #5

    Sylke (Donnerstag, 28 Januar 2021 17:54)

    Liebe Miguela,
    vielen, lieben Dank für das Teilen deiner Erfahrungen und Dankeschön, für das wunderbare Kompliment!